Ergänzend zu Emily Jacirs künstlerischer Arbeit ex libris im Zwehrenturm des Fridericianum hält der israelische Forscher Gish Amit einen Vortrag zur traumatischen Geschichte vieler Bücher in der Jewish National Library.
Eine Serie von Fotografien aus der Jewish National Library, die 1949 von dem israelischen Fotografen David Haris gemacht wurden, dokumentiert den Zeitpunkt, an dem sich historische Traumata kreuzten: Viele der auf den Fotografien zu sehenden Bücher gehörten europäischen Juden, die im Holocaust ermordet wurden; andere wurden 1948 in palästinensischen Häusern eingesammelt. Diese Bücher, die uns noch vor ihrer Katalogisierung im Prozess des Sortierens in den Bildern begegnen, scheinen uns aus der Tiefe der Vergangenheit heraus zu betrachten, an der Schwelle einer noch unentschiedenen Zukunft. Sie drehen die Zeit zurück zu einer Periode unmittelbar nach der Katastrophe und legen Zeugnis davon ab, dass etwas Unauslöschbares geschehen ist, während etwas anderes, ebenso Wichtiges und Wesentliches, noch geschehen wird. Welcher Pakt wird in diesem Moment zwischen uns als Betrachtern und den Sujets von Haris’ Fotografien geschlossen? Welche moralische Pflicht hinterlassen sie uns? Wird es uns möglich, über andere Verläufe der Geschichte, die möglich gewesen wären und vielleicht noch möglich sind, nachzudenken?